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Rund um den Glockenturm · Dezember 2015

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Gestern & heute

Die Druckerei Krüger an der Alster-

krugchaussee gibt es längst nicht mehr,

eine mittelgroße Druckerei mit etwa

200 Mitarbeitern. Hier arbeitete Hertha

Kaven aus Haus Dahlie in den 50er Jahren

als Maschinenführerin.

Drucken „von Hand“

Die 94-Jährige sitzt bequem im Sessel ih-

res gemütlichen Wohnzimmers und hält

lächelnd den Finger ihrer rechten Hand

hoch. „Einmal bin ich zu dicht an die Ma-

schine gekommen, da fehlt jetzt ein klei-

nes Stück vom Finger“, erzählt sie. Wie

zur Bestätigung zwitschert Wellensittich

„Butschi“ kurz in seinem Bauer auf der

Fensterbank. Hertha Kavens Arbeit in

der Druckerei Krüger bestand darin,

große Bögen für den Druck von Karten,

hauptsächlich Glückwunschkarten, an die

Druckmaschine anzulegen. „Zuerst habe

ich an der „Kleinen Heidelberger“ gear-

beitet, später an der großen Maschine als

Maschinenführerin. In einem weiteren

Arbeitsgang wurden die bedruckten

Bögen dann geschnitten“, erklärt sie. Die

Arbeit in der Druckerei erfolgte im

Schichtbetrieb, ein größerer Druckauf-

trag dauerte schon mal bis zu einer

Woche. „Wenn die Maschine für einen

neuen Druckauftrag eingerichtet war,

mussten wir mit dem ersten und zweiten

Andruck zum Chef, der alles prüfte, be-

vor es endgültig losging“, erinnert sich

Hertha Kaven.

Berufliche Veränderungen

Obwohl die Arbeitsbedingungen schwie-

rig waren – der Geräuschpegel in der

Druckerei war sehr hoch – mochte Hertha

Kaven ihre Arbeit sehr gern. „Ich hatte ei-

nen guten Kontakt zu meinen Kollegen,

wir verstanden uns prima“, berichtet sie.

„Der Stundenlohn von 98 Pfennigen war

niedrig, doch wir waren alle froh, dass

wir Arbeit hatten. Hamburg war in den

50er Jahren ja noch imWiederaufbau be-

griffen.“ Nach neun Jahren Tätigkeit in

der Druckerei Krüger musste Hertha

Kaven die Arbeit schließlich aufgeben.

Schuld daran war der feine Goldstaub

für den Druck der Glückwunschkarten,

der überall in der Luft hing und ihre

Augen schädigte. „Die Tränenkanäle

meiner Augen waren ständig verstopft,

der Augenarzt riet mir, aufzuhören“,

erzählt sie. Doch eine neue Aufgabe als

Verkäuferin in einem großen Warenhaus

wartete bereits auf sie, die ihr ebenfalls

Freude machte.

Wie druckt man heute?

Hertha Kaven möchte gerne wissen, wie

heute in einer Druckerei gearbeitet wird.

Eine Antwort auf ihre Frage hat

die v. Stern’sche Druckerei in Lü-

neburg. Es ist eine moderne

Druckerei mit einer langen Tradi-

tion. Vor einem Jahr wurde das

400-jährige Bestehen der

Druckerei gefeiert.

„Sicherlich läuft heute vieles automatisch,

ich würde mich wohl gar nicht mehr

zurechtfinden“, vermutet

Hertha Kaven.

Ein Handwerk imWandel

Die große Kunst des Druckens