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Gestern & heute

„Ich wollte immer Bürofräulein werden“

TheaWeiß aus Haus Begonie ist eigentlich von Beruf

Versicherungskaufmann (die Bezeichnung Versiche-

rungskauffrau existierte damals noch nicht). Doch

ausgeübt hatte sie diesen Beruf nur zeitweilig und

eher ungern. „Es war mir zu langweilig“, gesteht

sie augenzwinkernd. Ihr ausgeübter Beruf wurde

schließlich der der Sekretärin und Stenotypistin.

Mit schneller Schrift in den Beruf

Die Kindheit und Schulzeit verbrachte Thea Weiß

in Sachsen-Anhalt, genauer gesagt in Aschersleben

und in Halle. In den 30er Jahren hatte noch nicht

jedes Schulkind eigene Schulbücher. „Wir mussten

viel schreiben und es hat mich immer fasziniert,

dass meine Klassenkameradin stenografieren konn-

te. Das wollte ich auch lernen“, erzählt sie. Gesagt

getan und nach Schulungen in der Kurzschrift und

Eilschrift trat sie ihre erste Stelle als Sekretärin in

Halle beim „Rat des Kreises“ an, das ist vergleich-

bar mit einem Landratsamt. „Protokolliert werden

musste so ziemlich alles, was die Abgeordneten in

Sitzungen sprachen“, erinnert sie sich. Oft entstan-

den 30 bis 40 Seiten lange Stenogramme, aus denen

Thea Weiß dann Protokolle verfasste, die mit Hilfe

von Wachsmatrizen für die Abgeordneten verviel-

fältigt werden konnten.

Sekretärin mit neuen Aufgaben

1955 verließ Thea Weiß die DDR und arbeitete eini-

ge Jahre in Münster zunächst wieder im Versiche-

rungswesen. Doch es zog siewieder in ihrenWunsch-

beruf Sekretärin und so nahm sie eine Stelle in

Düsseldorf an. „Zu der Zeit kamen die ersten Diktier-

geräte auf, Stenografie war nicht mehr so wichtig

und für mich bedeutete das zunächst eine Umstel-

lung“, erzählt sie. Ende der 60er Jahre trat Thea

Weiß eine Stelle als Sekretärin des pädagogischen

Leiters sowie des Leiters der Stiftung Bethel in

Bielefeld an. „Alles, was so in einem Sekretariat

anfällt, gehörte fortan zu meinen Aufgaben, nicht

nur das Schreiben nach Diktat oder von Protokollen.

Aber am interessantesten war es für mich, viele

Menschen und auch Persönlichkeiten des öffentli-

chen Lebens kennenzulernen“, erinnert sie sich.

Gewandeltes Berufsbild

Den Beruf der Sekretärin gibt es natürlich auch

heute noch. In der Ausbildung zur Europasekretärin

beispielsweise wird auch heute noch Stenografie

gelehrt. Doch hat sich das Berufsbild verändert.

Während bis in die 1980er Jahre gute schreibtechni-

sche Fähigkeiten und Stenografie die wichtigsten

Anforderungen waren an eine Sekretärin, ist das

Berufsbild heute viel komplexer. Es sind Assistentin-

nen, Kauffrauen im Büromanagement oder Europa-

sekretärinnen, die weitreichende Aufgaben in ei-

nem Unternehmen selbstständig übernehmen, für

die sie entsprechend ausgebildet wurden.

Doch das, was Thea Weiß an ihrer Tätigkeit so gefal-

len hat, nämlich die Vielseitigkeit und der Umgang

mit ganz unterschiedlichenMenschen, das ist sicher-

lich heute wie damals gleich und gehört zum

Berufsbild dazu.

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sh

Berufe imWandel

Sekretärin mit besten

Stenografiekenntnissen