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Natur & Gesundheit
Prothesen – früher für Arme und Beine
nur eine einfache Stelze
Im Mittelalter war als Beinprothese noch eine
einfache Holzstelze üblich. Aber schon im 16. Jahr-
hundert gab es für wohlhabende Amputierte erste
Prothesenkonstruktionen. Sie konnten bereits ei-
nen gefederten Prothesenfuß und ein bewegliches
Kniegelenk enthalten. Dieses musste zum Gehen
festgestellt werden, um Stürze zu vermeiden. Zum
Sitzen wurde es angewinkelt. „Einfache Leute“ er-
hielten jedoch ein einfaches Stück Holz als „Ersatz-
Bein“ – sofern sie denn überhaupt die Amputation
überlebten, die noch ohne Betäubung vorgenom-
men wurde. Hoher Blutverlust oder schwere Wund-
infektionen waren übliche Todesursachen bei die-
ser Operation.
Kriege und eine zivile Katastrophe
kurbelten die Entwicklung an
In Europa kam es durch den 1. Weltkrieg zu einem
bisher unbekannten Bedarf an Körperersatzstücken.
Hundertausende Kriegsversehrte bevölkerten in den
zwanziger Jahren die Straßen und mussten als
Bettler ihren Lebensunterhalt verdienen. 1919 wur-
de in Deutschland das erste Unternehmen für in-
dustrielle Prothesenproduktion gegründet.
Aber auch der 2. Weltkrieg brachte außer unglaub-
lichem Bedarf keine herausragenden Neu-Entwick-
lungen. Eine zivile Katastrophe in den 60er Jahren
forderte erneut einen bisher ungekannten Bedarf an
Körperersatzstücken: das Schlafmittel Contergan.
Tausende Kinder wurden mit Fehlbildungen der
Arme und/oder der Beine geboren, eine unglaub-
liche Herausforderung!
Durch großartige Entwicklungen sorgen heutzuta-
ge Ärzte, Ingenieure, Techniker und Erfinder dafür,
dass Menschen mit Amputationen vielfach ein
selbstbestimmtes Leben führen können. Wissen-
schaftler sagen, dass es in Zukunft sogar möglich
sein könnte, Prothesen allein mit der Kraft der
Gedanken zu steuern.
n
Andrea Vogt-Bolm
Meilensteine der Medizin
Von Stelzbein und Hakenkralle
zur Hightech-Prothese
Das älteste Körperersatzstück, das gefunden wurde, ist stolze 2500 Jahre alt.
Archäologen entdeckten es in Ägypten an der Mumie einer etwa 50 Jahre
alten Frau. Abnutzungsspuren an ihrer Zeh-Prothese aus Holz zeigen, dass
sie mit diesem Ersatzstück gut unterwegs war.
Teil 3