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besser in den Pflegealltag einbauen zu

können, müssen wir sie kennen. Die Hil-

festellung bei der Körperpflege zum

Beispiel benötigt sehr viel Nähe und ist

ein Eingriff in die Intimsphäre. Eine

Person so nah an sich herankommen zu

lassen, ist viel angenehmer, wenn man

sie besser kennt.

Was ist der Unterschied zu einem „nor-

malen“ Gespräch?

Ein Biografiegespräch entsteht nicht

spontan, sondern es wird vorbereitet.

Um ein gutes Biografiegespräch führen

zu können, haben wir gelernt, wie wir

den Befragten durch besondere Frage-

stellungen zum Erzählen ermutigen

können. Dazu gehört auch, dass wir uns

vorher mit geschichtlichen Themen und

Ereignissen, die die Generation der Be-

wohner geprägt haben, wie zum Beispiel

der 2. Weltkrieg, beschäftigt haben. Auch

die äußeren Bedingungen – wann und

wo führe ich das Gespräch am besten –

werden überlegt. Zur Nachbereitung

eines Biografiegespräches gehört, dass

alle ermittelten Informationen neutral

in die Dokumentation des Bewohners

übertragen werden, damit sie jeder Pfle-

gekraft zur Verfügung stehen.

Wie haben Sie Ihr erstes Biografiege-

spräch erlebt?

Im Dezember habe ich mit einer Bewoh-

nerin aus Haus Arnika ein Biografiege-

spräch zum Thema Weihnachtsrituale

geführt. Dazu hatten wir im Unterricht

Fragen vorbereitet wie: „Worauf freuen

Sie sich am meisten an Weihnachten?“

oder „Mögen Sie Christstollen?“. Gleich

Vergangenheit

zu Beginn des Gespräches fragte siemich:

„Warum interessiert Sie mein Leben, das

ist doch alles vorbei und nicht mehr

wichtig.“ Dass es gerade für uns Pflege-

kräfte wichtig ist, etwas über das Leben

unserer Bewohner zu erfahren, habe ich

ihr dann erklärt. Um den Einstieg in das

Gespräch zu erleichtern, habe ich ein

wenig von meinen eigenen Weihnachts-

erlebnissen erzählt. Dann hat sie begon-

nen zu erzählen, von ihremTannenbaum-

schmuck und von Weihnachten in den

Kriegsjahren, als es nichts gab und man

mit ganz wenig zufrieden war. So sind

wir uns näher gekommen.

Welche Erfahrungen nehmen Sie aus

dem Gespräch für sich und für Ihre

Arbeit mit?

Durch das Gespräch habe ich eine persön-

lichere Beziehung zu der Bewohnerin

bekommen. Es ist eine wichtige Aufgabe

der Biografiearbeit, dass wir jeden Be-

wohner individuell wahrnehmen. Ich

habe gemerkt, dass Biografiegespräche

so etwas wie Brücken in die Vergangen-

heit sind. Seitdem versuche ich, den

Lebensverlauf als Strom mit schönen

und mit schmerzlichen Erfahrungen zu

sehen. Ich glaube, dass Biografiearbeit

für beide Seiten sehr bereichernd ist,

sowohl für den Befragten, als auch für

den Fragenden. Mit den älteren Men-

schen über ihr Leben zu sprechen und

zu erfahren, dass sie mir vertrauen, ist

ein Anteil, der diesen Beruf für mich so

attraktiv macht. Denn in der Alten-

pflege interessieren wir uns noch

wirklich für den Menschen und sei

Wohlergehen.

n

sh

Das Leben in

Bildern

Alte Fotos können

Pflegekräften

helfen, die Biografie

von Bewohnern

besser zu verstehen.