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Der Blutkreislauf be-
steht aus dem Herzen
und den Blutgefäßen.
Blutgefäße, die zum
Herzen führen, wer-
den als Venen der
Blutadern bezeichnet.
Diejenigen, die vom
Herz wegführen, als
Arterien der Schlag-
adern.
Natur & Gesellschaft
Meilensteine
der Medizin
Teil 8
Poren in den Herzwänden?
Die Auffassung von Galenos besagte:
Das Blut wird von der Leber produziert.
Im Herz wird es durch die Luft aus den
Lungen angereichert. Von dort fließt es
durch die Poren der Herzwände in die
Adern. Diese bringen es zu den einzel-
nen Organen, wo es als Nahrung ver-
braucht wird. Die Medizin lehrte diese
Theorie fast eineinhalb Jahrtausende!
Diese Ansicht ist heute längst widerlegt.
Aber aufgestellt im 2. Jahrhundert zeugt
sie von unglaublichem anatomischem
Wissen. Galenos gewann diese Erkennt-
nisse bei der Behandlung von Gladiato-
ren, die sich in blutigen Kämpfen verletzt
hatten.
Eine einfache Berechnung
„kippt“ die Lehrmeinung
Erst der Londoner Arzt William Harvey
(geboren 1587) stellte eine einfache Be-
rechnung an, die die alte Lehrmeinung
widerlegte. Auch fand er beim Sezieren
seiner Patienten keine Herzporen, son-
dern im Herz ein Kammersystem mit
einem Hin- und einem Rückfluss. Seine
Schlussfolgerung: Das Blut bewegt sich
im Kreis durch den menschlichen Körper.
Die Anhänger Galenos bezweifelten und
bekämpften diese neue Erkenntnis mehr
als 100 Jahre lang. Jedoch der französi-
sche Philosoph und Naturwissenschaft-
ler René Descartes (geb. 1596) glaubte
aber bereits an die großartige Bedeu-
tung der neuen Theorie und meinte, mit
der Kreislauftheorie sei die nützlichste
und bedeutsamste Entdeckung der Me-
dizin gemacht worden.
Und tatsächlich: Die heutige Medizin
ist ohne Harveys Entdeckung nicht denk-
bar – angefangen bei einfacher Blutdruck-
messung bis hin zu komplizierten Herz-
operationen.
n
Andrea Vogt-Bolm
Das Strömungssystem des Blutes
Von der Sackgasse
zum Kreislauf
Wo heute gemeinsam diskutiert, untersucht und erforscht wird, wurde früher nicht
selten derjenige als Ketzer verfolgt und bestraft, der neue Theorien erarbeitete und
damit die bindende Lehrmeinung der Medizin infrage stellte. So galt auch die
Vorstellung des griechischen Arztes und Naturforschers Galenos (~129–216) vom
Blut und seinem Weg durch den menschlichen Körper bis ins 17. Jahrhundert als
unumstößliche Wahrheit.