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25 In seinem Atelier tummelten sich Scharen nackter Mädchen, die auf Zuruf des Meisters bereitwillig in einer Pose erstarrten. Die Weiblichkeit in all ihren Facetten wollte der Mann, der sei- nen weißen Malermantel wie eine Mönchskutte trug, für die Ewigkeit fixieren: züchtig und zuchtlos, fatal und fragil. Gustav Klimt begehrte die Frauen und sie ihn. Seine Affären sind Le- gende; 14 uneheliche Kinder soll er gezeugt haben. Er führte die Kunst in die Moderne, provozierte und faszinierte die Wiener Fin de Siècle-Gesellschaft, in der Sigmund Freud die Triebe erforschte und Arthur Schnitzler das Theaterpublikum mit seinem erotischen „Reigen“ verwirrte. Mit 14 besuchte der Sohn eines Graveurs die Kunstgewerbe- schule. Der 22-Jährige bemalte die Decke des Burgtheaters. Doch Klimt wollte mehr. Er wollte die akademische Kunst und speziell den Historismus seines Künstlerkollegen Hans Makart überwinden, der die Wiener Salons mit historischen Schinken dekorierte. 1898 gründete Klimt die „Secession“ und stieg zum Malerfürsten auf. 1902 schuf er den „Beethovenfries“ – mit nie zuvor gesehenen Darstellungen von Dämonen und Fratzen, Verzückungen und alten Leibern. Seine Fakultätsbilder waren der Universität zu radikal. Klimt kaufte sie zurück und malte die Damen der Gesellschaft. Die weichen Handstriche und wehen- den Bewegungen seiner Modelle scheinen schwerelos, oft umgeben von Ornamenten, Blumenwiesen und funkelnder Ewigkeit. Jugendstil vom Feinsten. Sonja Knips beispielsweise bezaubert den Betrachter im gebauschtem Tüllkleid; Rose von Rosthorn-Friedmann blickt als Vamp in paillettenbesetzter Robe aus dem Bild. 1907 malte Klimt Adele Bloch-Bauer, seine berühmte „Goldene Adele“. Aber nur einer Frau hielt er die Treue: Emilie Flöge, die einen Modesalon in Wien führte. Vermutlich hat Klimt sie im vergoldeten „Kuss“ verewigt. n Susanne Kunckel Sein Gemälde „Der Kuss“ versinnbildlicht die innige Verei- nigung vonMann und Frau. Seine Zeichnungen nackter Frau- en sind der Inbegriff entgrenzter Erotik. Vor 100 Jahren starb Gustav Klimt, Star des Wiener Jugendstils. Vergoldete Weiblichkeit Gesellschaft Batikmalerei von dem Gemälde „Der Kuss“

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